„Niemand ist fehlerfrei, aber wir alle können an uns arbeiten.“
07.04.2021
Bericht über die virtuelle Tagung „Diskriminierung in der Schule“ (15.–17.03.2021)
07.04.2021
Bericht über die virtuelle Tagung „Diskriminierung in der Schule“ (15.–17.03.2021)
Vom 15. bis 17.03.2021 setzten sich über 100 Studierende der Universitäten München, Eichstätt-Ingolstadt, Regensburg und Augsburg in einer dreitägigen virtuellen, praxisorientierten Veranstaltung intensiv mit dem wichtigen Thema „Diskriminierung in der Schule“ auseinander. Die Studierenden gehörten zum Großteil Lehramtsstudiengängen an, es waren aber auch einige aktive Lehrkräfte zugegen.
Im Einführungsvortrag wurde zunächst das Phänomen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit aus psychologischer Perspektive von Ulrich Wagner (Marburg) beleuchtet. In den anschließenden Beiträgen zu den Themen „Antisemitismus“ (Ludwig Spaenle, Beauftragter der Bayerischen Staatsregierung gegen Antisemitismus), „Rassismus“ (Maria Alexopoulou, Berlin), „Antimuslimischer Rassismus oder Kritik am Islam“ (Saba-Nur Cheema, Bildungsstätte Anne Frank) und „Homophobie“ (Ulrich Klocke, Berlin) wurden phänomenspezifische Schwerpunkte gesetzt, um die Gemeinsamkeiten und Unterschiede gruppenbezogener Diskriminierungsformen aufzuzeigen. Je nach Perspektive der Referierenden standen dabei pädagogisch-psychologische, historische oder bildungspolitische Aspekte im Vordergrund. Nach diesen Vorträgen verlagerte sich der Fokus der Veranstaltung im Workshop des Schulpsychologen Robert Roedern (Regionalbeauftragter für Demokratie und Toleranz) auf den Umgang mit Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Schulalltag, wobei Roedern zunächst einen allgemeinen Handlungsleitfaden mit den Studierenden erarbeitete und diesen im Anschluss anhand ausgewählter Fallbeispiele mit ihnen diskutierte.
Vertieft wurde der Praxisbezug in einem Gespräch mit dem ehemaligen Schulleiter Paul Schötz, der auf sehr einfühlsame und zugängliche Weise von seinen Erfahrungen im Umgang mit menschenfeindlichen Äußerungen in „What’s App“-Chats während seiner Zeit als Schulleiter des Max-Mannheimer-Gymnasiums Grafing berichtete und anschließend gemeinsam mit Robert Roedern und Claudia Oertel (Geschäftsstelle des Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung gegen Antisemitismus) den Studierenden in pädagogischen und rechtlichen Fragen Rede und Antwort stand.
Abgerundet wurde die Veranstaltung durch zwei Workshopphasen, in denen die Studierenden aus je fünf verschiedenen Workshops in den Bereichen „Denken“ (Julia Treindl, München), „Sehen“ (Maya Götz, Internationales Zentralinstitut für das Jugend- und Bildungsfernsehen), „Hören“ (Markus Gloe, München), „Sprechen“ (Wolfgang Gall, Oberstudiendirektor a.D.) und „Handeln“ (Rico Behrens, Eichstätt-Ingolstadt, und Tobias Verbeck, München) unterschiedlichen Zugängen zu Diskriminierung in der Schule begegneten, aber auch Möglichkeiten, diesen entgegenzuwirken.
Besonders bemerkenswert waren die äußerst reflektierten Beiträge der Studierenden, die nachdrücklich ihr Bedürfnis zum Ausdruck brachten, als künftige Lehrkräfte verantwortlich und kompetent mit unterschiedlichen Diskriminierungsformen in der Schule umzugehen. Immer wieder wurde dabei auch die Bedeutung einer sensiblen Sprache und die Wahrnehmung eigener blinder Flecken reflektiert. Dabei zeigte sich deutlich, wie wichtig es ist, derartige Diskussionsplattformen bereits im Lehramtsstudium anzubieten und auch das Gespräch zwischen Studierenden sowie aktiven und ehemaligen Lehrkräften frühzeitig zu fördern, um gemeinsam zu reflektieren und Erfahrungen auszutauschen. Derartige Formate – insbesondere zum Thema „Diskriminierung in der Schule“ – sind im Lehramtsstudium bisher kaum verankert. Solchen Angeboten sollte in Zukunft mehr Raum verschafft werden, um – wie es in einem studentischen Abschlussstatement formuliert wurde – „eine demütige Haltung den eigenen blinden Flecken gegenüber zu entwickeln - niemand ist fehlerfrei, aber wir alle können an uns arbeiten“.
Julia Treindl, Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur (LMU München)