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Unnötige Modernisierung oder überfällige Gleichstellung?! Gendergerechte Sprache im Bildungskontext

08.11.2023

Die dritte Nachgefragt-Veranstaltung des MZL wandte sich dem Für und Wider gendergerechter Sprache zu und diskutierte dabei verschiedene Perspektiven sowie die Umsetzung dieses Themas in Schule und Unterricht.

Grußworte von Prof. Christiane Lütge

Am Donnerstag, den 26. Oktober 2023, veranstaltete das MZL zum dritten Mal eine Podiumsdiskussion der Nachgefragt-Reihe – diesmal zu dem Thema „Gendergerechte Sprache im Bildungskontext“. Dazu diskutierten Dr. Sabine Biebl (Lehrerin Mittelschule), Dr. Stefan Hackl (Studiengangskoordinator Deutsch als Zweitsprache, LMU), Karin Leibl (Vorstandsmitglied des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, BLLV) und Dr. Margit Weber (Frauenbeauftragte, LMU) unter der Moderation von Dr. Tabea Strohschneider-Heck (Geschäftsführerin MZL).

Nach den einleitenden Grußworten von Prof. Christiane Lütge (Direktorin MZL) stellten die Podiumsgäste zunächst ihren eigenen Umgang mit gendergerechter Sprache dar. So berichtete Dr. Sabine Biebl, in ihrer Tätigkeit als Lehrkraft täglich unzählige Male mit dem Thema in Berührung zu kommen. Als sprachliches Vorbild lehne sie es ab, das generische Maskulinum zu verwenden, auch weil ihre Schüler:innen dies bereits so einfordern. Sie sprach in diesem Kontext von Sprachreflexion – einer Kompetenz, die sie bei ihren Schüler:innen weiter fördern und ausbauen möchte. Dr. Stefan Hackl riet zu mehr Gelassenheit inmitten des Sprachwandels. Da es aus der Sicht der Linguistik für die Pro- wie die Contra-Seite gute Argumente gäbe, entstünden verständlicherweise Unsicherheiten, sodass Forderungen nach Hilfestellungen zum Umgang im Unterricht laut würden. Dennoch sollten, so Hackl, keine Verbote oder Verordnungen die Schulen einschränken oder ihnen gar bestimmte Vorgehensweisen aufzwingen. Karin Leibl vom BLLV fühle sich zwar selbst mit dem generischen Maskulinum nicht ausgeschlossen, könne jedoch diejenigen Menschen verstehen, die auf eine inklusive Sprache wertlegen und versuche diese entsprechend ihrer jeweiligen Adressatengruppe umzusetzen. Schließlich informierte Dr. Margit Weber über den historisch gesellschaftlichen Hintergrund des generischen Maskulinums. So wurde lange nur das männliche Geschlecht verwendet, da Frauen in vielen Berufen sowie im universitären Umfeld über Jahrhunderte nicht vertreten waren und somit auch in der Sprache nicht gezeigt wurden. Durch die Frauenrechtsbewegung und die zunehmende Repräsentation von Frauen auch in höheren akademischen Berufen ändere sich die Lage seit Beginn des letzten Jahrhunderts. Sprache forme Bewusstsein und solle daher als ein Mittel eingesetzt werden, um diese Transformation entsprechend sichtbar zu machen.

Einigkeit unter den Podiumsgästen herrschte über die Schwierigkeit der Form des Genderns. Jede Form berge ihre eigenen Herausforderungen in Rechtschreibung bzw. Grammatik wie beispielsweise die Anpassung des richtigen Kasus oder Artikels. Beliebt scheinen daher neutrale Formulierungen, durch die Binnenzeichen vermieden werden können. Offene Kommunikation und ein wertschätzender Austausch seien dabei wichtig.

In der anschließenden Diskussionsrunde im Plenum wurden außerdem die Herausforderungen beim Lesen von gegenderten Texten für bestimmte Personengruppen, wie etwa Schüler:innen mit Deutsch als Zweitsprache oder mit einer Beeinträchtigung, angesprochen. Auch der mögliche Einfluss von gegenderten oder auch nicht-gegenderten Texten in die Bewertung eines Schüler:innentextes wurde rege diskutiert.

Es wurde in der Nachgefragt-Diskussion deutlich, dass trotz ähnlichen Meinungen der Gäste über die Notwendigkeit einer gendersensiblen Sprache viele Fragen ungeklärt bleiben, die es weiterhin zu diskutieren gilt. Es bleibt also interessant, ob sich eine konsensfähige Lösung in der Zukunft durchsetzen wird.

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