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Zula im Ausland?! – Warum eigentlich nicht?

15.03.2021

Am Lehrstuhl von Prof. Reinhard Markowetz gibt es für Studierende die Möglichkeit, ihre Zulassungsarbeit im Ausland zu schreiben.

1. März 2021: Margit kommt in Guatemala-Stadt an. Sie studiert eigentlich Sonderpädagogik an der LMU München, will Lehrerin werden und mit Kindern arbeiten, die einen Förderbedarf in ihrer emotional-sozialen Entwicklung haben. In Guatemala möchte die Dreiundzwanzigjährige nun trotz der Corona-Pandemie zwei Monate an einer inklusiv arbeitenden Schule in der Praxis für die Praxis forschen.

Margits Erfahrungen und erhobenen Daten wird sie entlang wissenschaftlich offener Fragen an die inklusive Bildungspraxis systematisch auswerten. Die Ergebnisse sollen in ihrer wissenschaftlichen Abschlussarbeit für die Zulassung zum ersten Staatsexamen (Zula) vorgestellt werden. Betreut wird dieses eher unkonventionelle Vorhaben von Prof. Reinhard Markowetz und Dr. Luiz André Dos Santos Gomes, die als Mitglieder des Lateinamerika-Netzwerkes der LMU mit der Fakultät für Humanwissenschaften der San Carlos Universität (USAC) in Guatemala kooperieren.

Von der ungewöhnlichen Möglichkeit, ihre Zula im Ausland zu schreiben, hat Margit von Lukas und Nina, zwei ihrer Kommiliton:innen erfahren. Beide haben letztes Jahr an einer Exkursion des Lehrstuhls von Prof. Markowetz nach Guatemala mit der Möglichkeit zu einem Praktikums- und Studienaufenthalt teilgenommen und wollten anschließend Fragen, die sich ihnen bei den Schulbesuchen stellten, wissenschaftlich und nach dem hochschuldidaktischen Format des forschend-entdeckenden Lernens nachspüren.

Nina hatte schon 2019 ein Praktikum an der staatlichen Förderschule Rayito de Luz in Chiquimula erfolgreich absolviert, sodass sie danach die inklusiven Bemühungen der sonderpädagogischen Förderzentren der Stadt Chiquimula und des gleichnamigen Department im Osten Guatemalas aus Sicht der Eltern und Lehrkräfte über einen Fragebogen erfragen und in ihrer Zula darstellen konnte.

Lukas war von dem Einsatz des von den Mayas entwickelten Nationalinstrumentes Guatemalas, der Marimba, in Schule und Unterricht so begeistert, dass er in seiner international-vergleichend angelegten Zula Aspekten des Gelingens inklusiven Musikunterrichts an je zwei Schulen in Chiquimula und Oberbayern nachspürte. Für die Durchführung ihrer Vorhaben haben die Studierenden vom Bayerischen Hochschulzentrum für Lateinamerika ein Stipendium als Mobilitätshilfe bekommen.

Nina und Lukas bleiben darüber hinaus unvergessliche Momente und wertvolle Erfahrungen, die bis tief in ihr späteres berufliches Handeln nachhallen dürften. Beide betonen, dass die sie oftmals tief bewegenden zwischenmenschlichen Erfahrungen in der Fremde ihnen die Augen für einen neuen pädagogisch wertvollen Umgang mit Diversität geöffnet haben. Sprachlich, fachlich und organisatorisch vonseiten der LMU gut auf das akademische Abenteuer vorbereitet, sind beide im Ausland gereift. Sie haben gelernt, in einem anderen Land mit anderen kulturellen Vorstellungen unter ihnen fremden Rahmenbedingungen für Bildung und guten Unterricht wichtige Fragen zu stellen und diese nach redlichen Kriterien guter Forschung zu beantworten, um die Praxis verändern und verbessern zu können. Studierende wie Nina und Lukas dürften die immer heterogener werdende Schulfamilie bereichern und Schulentwicklungsprozesse in Hinblick auf Inklusion beflügeln.

Nun startet Margit ihr Praktikum und ihre Forschungsarbeit zu Inklusion an der Escuela Oficial Urbana Mixta in San Juan de Tecuaco im Südosten von Guatemala. Viele Schüler:innen hier stammen von den Xinkas ab, einer Gruppe der Ureinwohner Mesoamerikas. Die Schule arbeitet inklusiv und ist offen für alle Kinder. Sie hat viele engagierte Lehrkräfte, die nicht nur mit behinderten Kindern arbeiten, sondern sich auch der Armut und den sozialen Problemen der indigenen Bevölkerung stellen, um Exklusionsrisiken und Bildungsbenachteiligungen abzuwenden.

Als zukünftige Sonderpädagogin mit reicher Praktikumserfahrung dürfte Margit vom ersten Tag an sehr gefragt und voll in den schulischen Alltag eingebunden sein. Die Schule ist nämlich auch eine Ausbildungseinrichtung für zukünftige Lehrekräfte der San Carlos Universität, die von Mynor Morales Blanco von der USAC betreut wird. Er wird Margit beim forschend-entdeckenden Arbeiten anleiten und unterstützen. Über regelmäßige Videokonferenzschaltungen bleiben wir von München aus mit unserer Studentin in Verbindung, können sie fachlich beraten, ihr behilflich sein und so zu einem gelungenen Aufenthalt beitragen. Es bleibt zu wünschen, dass weitere Forschungsaufenthalte von Lehramtsstudierenden im Rahmen ihrer wissenschaftlichen Abschlussarbeit folgen und so ein erfolgreiches Modell für Lehrerbildung und Internationalisierung an der LMU entsteht!

Prof. Reinhard Markowetz und Dr. Luiz André Dos Santos Gomes